Mit mir die Nacht
by Michaela Kastel
Mit mir die Nacht Michaela Kastel In einer Gegenwart, in der Gewalt gegen Frauen in unterschiedlichster Form die Gesellschaft erschüttert und Fluchtwege bzw. Lösungen so schwierig wie langwierig erscheinen, dringt Michaela Kastel mit ihrer Prosa tief in die subjektive Welt ihrer geschundenen Hauptfigur ein und geht gnadenlos mit dem System der Schlächter ins Gericht, mit Zwangsprostitution und Femiziden – und das logisch und konsequent nicht in einer auktorialen Erzählhaltung, sondern in Ich-Form, ungeschönt und ungeschminkt. Madonnas Welt oszilliert zwischen unerträglicher Enge und unbeherrschbarer Ausdehnung, hat nur mehr bruchstückhaft mit der Realität zu tun, denn nach all dem von ihr Erlittenen ist ihre Wahrnehmung zerschlagen und trügerisch. An diesem Punkt schafft es die Autorin, ihre LeserInnen komplett in dieses Erleben zu ziehen, körperlich spürbar, unausweichliche Empathie. Es ist also nicht nur Kastels Schreiben, das berührt und verstört, sondern auch die Geschichte selbst sowie Madonnas Emotionen. Diese ganz eigene Fiktion erreicht die Autorin u. a. mit den Elementen eines comichaften Film-Noir-Stils und ihrem epischen Sprachsound. Inhaltlich arbeitet Kastel im Kosmos von gnadenloser Gewalt und hilflosen Verzweiflung ganz bewusst mit Madonnas unbändiger Sehnsucht nach Heimat, Licht und Erlösung. Als Schriftstellerin, die mit dem Background der ehemaligen Buchhändlerin die Branche kennt wie nur wenige andere, weiß sie an genau diesen neuralgischen, literarischen Verfahrensweisen ihre künstlerische Eigenständigkeit zu entzünden und zu entwickeln.